Like Diamonds in the Sky

Sie sind älter als die Schmuckstücke, die sie veredeln und reisen weiter als ihre Träger durch die Jahrhunderte. Als Kunsthistorikerin ist Marion von Schabrowsky immer wieder von der Unvergänglichkeit wertvoller Diamanten fasziniert – und von deren ungebrochener Symbolkraft als Ausdruck von Macht.

Tiffany diamond ring

Es sind nur vier C (Cut, Clarity, Carat, Colour), die aus einem Edelstein einen weltberühmten Diamanten machen. Aus chemischer Sicht handelt es sich schlicht um die kubische Modifikation von Kohlenstoff, die in der Regel oktaederförmige Kristalle bildet. Diamanten sind der härteste bekannte Stoff und verfügen über die höchste Wärmeleitfähigkeit aller bekannten Minerale. Und doch spielen die teils unbezahlbaren Steine vor allem aufgrund ihrer Seltenheit und ihrer Ausstrahlung eine traditionell herausragende Rolle in der Welt des Luxus, des Reichtums, der Mächtigen und für die, deren Geschäft sich um Diamanten dreht. Die Münchner Kunsthistorikerin Marion von Schabrowsky hat die aufregenden Geschichten um und hinter den wertvollen Steinen zu Ihrem Beruf gemacht und weiß welche Bedeutung Diamanten als Symbole der Macht zukommt. Umso spannender ist es für sie, die historische Patina hinter den Produkten der großen Juwelier-Häuser aufzuarbeiten. Allein wenn Schabrowsky über die Halo Tiara spricht, die Herzogin Kate bei ihrer Hochzeit mit dem britischen Thronfolger Prinz William trug, wird deutlich, welche Statements ein Diamant setzen kann. Von Cartier 1936 gefertigt, erwarb Prinz George (später King George VI.)  die Tiara ursprünglich für seine Frau Elizabeth (später Queen Mum), der das royale Schmuckstück an ihrem 18. Geburtstag, drei Wochen vor ihrer Hochzeit, überreicht wurde. Die Halo Tiara steht etwas vom Kopf ab, wodurch das Licht besonders schön reflektiert wird und der Eindruck eines Heiligenscheins entsteht – ein Effekt, den Herzogin Kate 2011 erfolgreich imitierte. Eine bewusste Inszenierung, wie so oft, wenn es um Diamanten geht.

Im Interview erzählt Marion von Schabrowsky von der Aura der Steine, ihrer Bedeutung für die Beziehung zwischen Frauen und Männern und von Diamanten als Kapitalanlage.

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Frau von Schabrowsky, verdeutlicht das Beispiel der Halo Tiara, dass man mit der Auswahl eines solchen Schmuckstückes immer auch ein Statement setzt?

Natürlich. Wenn wir auf die Geschichte schauen, wird deutlich, wie wichtig Diamanten sind und welch große Symbolkraft sie haben. Diamanten sind seit Jahrhunderten mit Macht sowie mit Männlichkeit in Verbindung gebracht worden.

Obwohl Frauen damit geschmückt wurden…

Absolut. Wobei es historisch gesehen auch ein großer Symbolakt war, wenn Männer, Maharadschas in Indien zum Beispiel, über und über mit Zeremonienstücken, mit Diamanten und Perlen, geschmückt wurden.

Nahm man Diamanten zunächst eher als Schmuck oder als extrem robustes Material war?

Ich würde nicht sagen, als Schmuck. Dann denkt man an: “man behübscht sich”. Der Diamant wurde schon immer in seiner Werthaltigkeit gesehen mit einer starken Funktion als Repräsentationsstück. Könige trugen Diamanten, aber auch im kultischen wurden sie verwendet.

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Wie sehen Sie den Wandel der Bedeutung von Diamanten? Ursprünglich waren diese überwiegend für Kaiser, Könige und Kirchenhäupter bestimmt…

Es ist nicht ganz einfach, den historischen Wandel zu erfassen. Aber es gab sicherlich einen deutlichen Wandel durch den Kommerz. Diamanten sind viel zugänglicher geworden, das liegt vor allem an zwei Aspekten: Bis ins 18. Jahrhundert kamen Diamanten ausschließlich aus einer Richtung und zwar aus Indien. Aber bereits im 19. Jahrhundert wurde auch in Südafrika gefördert. Somit gab es – unter dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit – mehr Diamanten. Zusätzlich kann man heute synthetische Diamanten aus Kohlenstoff gewinnen, die sehr viel günstiger sind als natürliche.

Wann sind Mensch und Diamant miteinander in Berührung gekommen?

Man kann grob sagen: vor circa 3.000 Jahren, was noch gar nicht so lange her ist. Seit dieser Zeit gibt es in sämtlichen Kulturen Sagen, Mythen und Legenden um Diamanten. Diese übten eine große Faszination aus. All diese Sagen und Mythen kreisen um Kriege und Könige. Das hat ganz klar mit den Eigenschaften des Diamanten zu tun. Er ist eines der härtesten Materialien, die wir kennen. Deshalb diente es Herrschern als Symbol der unbrechbaren Macht. Oder auch Kriegern, die Diamanten in ihren Brustpanzer einarbeiteten, um etwas von der Unverletzbarkeit des Steins in sich aufzunehmen.

In Indien wurden die ersten Diamanten circa 400 v. Chr. schriftlich erwähnt. Alexander der Große brachte sie der Legende nach von seinen Indien-Streifzügen nach Europa. Mit ihm tauchen die ersten Diamanten in der Antike auf. Außerdem waren die Menschen fasziniert von der Härte und der Eigenschaft, Licht so gut reflektieren zu können. In der antiken Welt dachte man aufgrund der glitzernden Lichtreflektion, Diamanten seien Splitter von heruntergefallenen Sternen. Die Griechen nannten Diamanten Ardamas, das bedeutet: unzerstörbar, unverletzlich, unzerbrechbar.

Die Qualität, das Reine, die Härte und die Lichtreflektion machten die Symbolkraft der Diamanten aus. Das änderte sich erst als Erzherzog Maximilian I. 1477 seiner zukünftigen Braut, Marie von Burgund, zur Verlobung einen Diamantring überreichte. Eine große Geste und so erhielt endlich eine Frau einen großen Diamanten. Er, Herrscher des Heiligen Römischen Reiches, war der Begründer der beliebten Tradition, einen Diamant-Verlobungsring zu schenken. Das wurde und wird natürlich durch die höhere Verfügbarkeit gefördert. Statistisch gesehen ist der Diamant nämlich einer der seltensten Edelsteine.

Tiffany round brilliant diamond ring in a diamond and platinum setting

Wenn man auf das 18. und 19. Jahrhundert zurückblickt wird deutlich, dass Frauen Diamanten nicht selbst kauften, sondern von Männern überreicht bekamen. Auch als Zeichen des Besitzes?

Ja, ganz sicher. Im 19. Jahrhundert und eigentlich auch noch bis ins 20. Jahrhundert hinein. Wenn Frauen Schmuck von ihren Männern bekamen, war es bei gesellschaftlichen Auftritten umso wichtiger, dass sie überaus reich geschmückt war. So konnte ein Mann sagen: Schaut euch meine Frau an, das kann ich mir leisten. Es war außerdem sehr beliebt, Diamanten mit Perlen zu kombinieren, weil Perlen – bevor es die ersten Zuchtperlen gab – fast unbezahlbar waren. Diese beiden Elemente, Perlen und Diamanten, zu kombinieren, war Top of the Tops.

In den 1920er und 30er Jahren sah die Sache schon ganz anders aus. Frauen wie Sarah Bernhardt oder Barbara Hutton kauften sich ihren extravaganten Schmuck selbst. Inwiefern spielte die Emanzipation dabei eine Rolle?

Das ging eigentlich schon im 19. Jahrhundert los. Es gibt diese Umschreibung der Femme fatale. Die meisten Femmes fatales waren Töchter reicher Aristokraten oder Industrieller, ein ganz neuer Frauentyp. Frauen wie Sarah Bernhardt waren aber dennoch Ausnahmen, denn sie war Schauspielerin, verdiente Geld und machte, was sie wollte. Aber diese Frauen, diese Femmes fatales, waren eine neue Erscheinung: schön, erotisch, reich und unabhängig. Diese modernen Frauen tauchten plötzlich in der Literatur auf, gleichzeitig entstand das Prinzip des Vamps. Das waren Frauen, die ihre Liebhaber austauschten und zur Abwechslung den Männern das Herz brachen. Eine neue Erfahrung für die Männer!

Anfang des 20. Jahrhunderts gab es schon einige Frauen, die erfolgreich in ihrem Beruf waren, wie zum Beispiel Sarah Bernhardt, oder auch Jeanne Toussaint, die bereits 1933 Art Director bei Cartier wurde. Es war natürlich sehr ungewöhnlich, dass eine Frau solch eine hohe Position bekam, aber es gab diese erfolgreichen berufstätigen Frauen.

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Das heißt aber auch, es gibt Schmuckstücke von Frauen, die in der damaligen Zeit durchaus etwas Provokantes oder Verruchtes hatten?

Ich denke, es war teilweise Provokation, aber ich würde es eher als Extravaganz dieser Frauen bezeichnen. Lisa Cassat, zum Beispiel, war schön und reich und erschien auf Parties gerne mit zwei echten Panthern an der Leine. Die Schmuckstücke, die diese Frauen sich leisteten, bedeuteten ein neues gesellschaftliches Auftreten.

Dennoch brauchte es viel Selbstbewusstsein, diesen extravaganten Schmuck zu tragen…

Ja, auf jeden Fall. Es hatte etwas mit Selbstbewusstsein, aber auch mit der Emanzipation zu tun. Wenn man als Beispiel bei Jeanne Toussaint bleibt: Jeanne Toussaint beriet Barbara Hutton, die Herzogin von Windsor und andere, ganz unterschiedliche, Frauen – alle von Stand und sehr reich. Das waren Frauen, die sich zur Wehr setzten und wussten, was sie wollen. So war Toussaint auch selbst und entwickelte Schmuck, der nicht nur Aushängeschild des Geldbeutels war, sondern mit dem sie sich selbst identifizierte. Schmuckstück mit Charakter und Identität.

Und was macht einen Diamanten zur Legende?

Ganz klar: die Qualität und die Reinheit. Und dadurch die besondere Geschichte, in die der Stein involviert ist: Wer besaß ihn? Wer wollte ihn haben? Ein gutes Beispiel ist der Hope Diamant. Soweit ich weiß, war der Hope der erste wirklich blaue Diamant, den die Menschheit überhaupt zu Gesicht bekam. Es wird oft vergessen, dass es Diamanten in ganz unterschiedlichen Farben gibt. In Deutschland ist zum Beispiel der Dresdner Diamant sehr berühmt, der mit natürlicher Radioaktivität in Berührung kam und deshalb grün wurde. Wenn nur ein Element der Gitterstruktur eines Diamanten durch Bor ausgetauscht ist, wird dieser zum Beispiel blau. Das hat viel mit Physik und Chemie zu tun. Trotzdem gilt für alle Diamanten: Sie müssen wasserklar, ohne Einschlüsse sein und eine reine Farbigkeit haben, um extrem wertvoll zu sein. Diese unglaublich hohe Qualität taucht tatsächlich nur ganz, ganz selten auf.

Ein Experte erzählte mir einmal, dass nur einer von einer Million Diamanten, die aus dem inneren Erdmantel an die Oberfläche gespült wurden, überhaupt diese exquisite Qualität hat. Es ist etwas sehr Seltenes. Sobald die Menschen mit solch einem Stein in Berührung kommen, spielt dieser in der Geschichte eine entsprechend große Rolle. Auch der Hope Diamant. Fast jeder Machthaber in Indien hatte den Hope schon einmal in den Händen.

Man weiß nicht exakt, wo er gefunden wurde, aber man weiß, dass der Hope ein indischer Diamant ist. 1668 wurde er Ludwig XIV. präsentiert, der ihn kaufte, schleifen ließ und als Schmuckstück trug. Das war zu dieser Zeit sehr ungewöhnlich, da damals Perlen en vogue waren. So wurde Louis XIV. zum Trendsetter, da sich einfach alles an dem mächtigen Herrscher ausrichtete. Plötzlich wollte jeder Diamanten. Man kann sagen, dass Louis XIV. überhaupt erst den Markt für Diamanten in Europa geschaffen hat. Der Hope würde heute übrigens mehrere Millionen Dollar kosten. Er befindet sich aber im Smithsonian Museum in Washington D.C..

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Warum hat sich Antwerpen zum Zentrum für Diamanten entwickelt?

Das lässt sich nicht so einfach sagen, es gibt keine eindeutige Erklärung dafür. Es ist aber so, dass der ganze nordische Bereich, was den Bereich Forschung und Wissenschaft angeht, immer das Nonplusultra war, auch für Diamanten. Die ersten Schritte in der technischen Bearbeitung, im Schleifen von Diamanten, wurden dort gegangen. Antwerpen wurde zum Zentrum des Diamantenhandels und vor allem zum Zentrum der Diamantenverarbeitung. Dort wurde entdeckt, dass man Diamanten eigentlich nur mit Diamanten schleifen kann, weil es eben das härteste Material ist. Aber einen Diamanten kann man nicht einfach schleifen, wie man möchte. Man muss die individuelle Zellstruktur beachten und schauen, wie der Diamant eigentlich bricht. Nur so bekommt man die beste Lichtreflektion. Der Stein gibt vor, was möglich ist.

Was vermuten Sie, in welche Richtung wird sich das Thema Diamanten zukünftig entwickeln. Beim Thema Schmuck setzt man mittlerweile eher auf Understatement, oder?

Das ist schwierig zu sagen, weil es von der Nationalität abhängig ist, denke ich. In westlichen Ländern, gerade in Europa, ist Understatement sehr wichtig. das stimmt. Schaut man dagegen nach Russland, sieht es schon wieder ganz anders aus. Es hängt von der Mentalität ab, was man zeigen möchte. Diamanten werden immer wichtig sein, denn alle Käufer beschäftigen sich mit der Werthaltigkeit der Steine und ihrer Symbolik. Und die wird der Diamant niemals verlieren.

Betrachtet man Auktionen, erzielen historische Stücke tatsächlich höhere Preise und sind damit eine perfekte Wertanlage, durchaus vergleichbar mit Kunst. Aber bei Sammlern wird es immer die einen und die anderen geben. Ich nenne die einen Trophäensammler, die nach Stücken Ausschau halten, die ihr Alter-Ego unterstreichen oder als Kapitalanlage dienen. Und dann gibt es Sammler, die aus Leidenschaft sammeln. Der Punkt ist, dass Diamanten heute mehr und mehr zu einer Kapitalanlage werden und wie eine Aktie gehandelt werden.

Tiffany Soleste® engagement ring and matching band in platinum

Oft tauchen Diamanten nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten wieder auf und sind gar nicht mehr zu erkennen, weil im Laufe der Zeit aus einer Kette ein Ring und aus dem Ring ein Armband wurde…

Manchmal werden Steine sogar anders geschliffen oder in ein anderes Stück mit eingearbeitet. Es wird aber nie ein Problem sein, einen natürlichen Diamant zu wiederzuerkennen, da dieser immer ein Zertifikat und einen ganz eigenen Daumenabdruck hat. Das heißt: eine eigene Struktur, eigene Einschlüsse, eigene Farbigkeit. So kann es jeden Diamanten nur ein einziges Mal geben.

 

So einmalig und unvergänglich wie die Diamanten sind die Geschichten, die sich um die historischen Steine ranken. Wir bedanken uns für die interessanten Einblicke!

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