Schmuck Schloss

Tausend und eine Nacht in der Normandie: Der Libanese Walid Akkadlebt in einem Märchenschlossund entwirft Schmuck, der auch Prinzessinnengut stünde.

von Karen Bofinger / Fotos von Tan Kadam

Manchmal hängen Nebelschwaden tief über den Wiesen, und das Schloss von Walid Akkad wird zu einem märchenhaften Schemen. Es liegt zwei Stunden von Paris entfernt, irgendwo in der Basse-Normandie, nicht weit von Caen und dem Ärmelkanal. Die genaue Adresse will Akkad lieber nicht gedruckt wissen, zu wertvoll ist ihm seine Privatsphäre – und Sicherheit: Denn er ist Goldschmied, Schmuckdesigner, umgeben von teuren Preziosen.

Die Gegend ist ruhig, dörflich, die Sträßchen schmal, die Häuser gemauert aus dem typisch nordfranzösischen grauen Stein, der immer rau und ursprünglich wirkt. Die Basse-Normandie ist ein geschichtsträchtiger Landstrich, von hier stammte Wilhelm der Eroberer; an dieser Küste landeten die Alliierten am D-Day 1944. Zwischen wehenden Wiesen und Wäldern führt eine alte Platanenallee auf das Schloss zu, das Hauptportal trägt steinerne Statuen der altrömischen Frucht- und Gartengöttin Pomona und des Vertumnus, Verwandler und Gott des Jahreswechsels. Nichts könnte passender sein, bedenkt man die Liebe Akkads zu seinen Gärten und Blumen. 33 Hektar groß ist der Landschaftspark, der das Schloss umgibt, aus der Luft erkennt man im Wald noch immer die barocke, sternförmige Anlage, in deren Mitte ein verlorener Obelisk steht. Akkads Château wurde im 16. Jahrhundert gebaut, zur Zeit Heinrich III von Frankreich und der französischen Religionskriege; doch wie alle Schlösser wurde es im Lauf der Jahrhunderte immer wieder umgebaut. Heute liegt ein L-förmiges Haupt- neben einem l-förmigen Nebengebäude. Ein eigener kleiner Kanal, ein Wasserfall, eine verwunschene steinerne Grotte und ein Taubenschlag: Plante man eine Filmkulisse, sie könnte nicht perfekter sein.

Seit 15 Jahren lebt Akkad hier mit seinem Freund Jean. Vierzig Zimmer hat das Schloss, sie werden dominiert von einer Einrichtung im französischen Empire- und Landhausstil. Die Bettüberwürfe sind gequiltet und tragen Streublümchenmuster; in der Küche hängen Edelstahl-Töpfe in einer Reihe, unter alten Kupferformen und Gestecken aus Trockenpflanzen. Es sind Details, die verhindern, dass der Landhausstil trutschig und bieder wirkt, wie die klassischen Tolomeo-Lampen von Artemide, ein Papierkorb, der aussieht wie zerknülltes Papier (Bin Bin, entworfen von John Brauer), oder die großen, leeren Bilderrahmen, die an den Wänden lehnen wie zufällig abgestellt. Immer wieder dient das Schloss als Fotolocation, für „Elle Decoration“ ebenso wie für die „Vogue“ oder „Marie Claire“ und Kataloge von Möbelfirmen wie Roche-Bobois. Die Stylisten hinterlassen ihre Spuren, und bereichern das Ambiente. Eine leuchtend blaue Wand verdankt Akkad etwa Tricia Guild von der britischen Interiorfirma Designer’s Guild.

Walid Akkad selbst sieht aus wie ein Landlord im Cordjackett, das Hemd ordentlich unter dem Pullover, die dunklen Haare zurückgekämmt. Er lächelt immer etwas fragend, wie stetig erstaunt.

 

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